Schloss Liebenberg. Hinter dem falschen Glanz by Hanna Caspian

Schloss Liebenberg. Hinter dem falschen Glanz by Hanna Caspian

Autor:Hanna Caspian [Caspian, Hanna]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783426463758
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2023-01-31T23:00:00+00:00


8. Dezember 1907

»Und macht dir das nicht Mut?« Arthur war so freundlich und brachte Hedda nach der Versammlung zum Bahnhof. Das hatte er schon beim letzten Mal getan, und es hatte sie sehr gefreut. Und er hatte sie gefragt, ob sie wiederkommen werde. Nun fragte er sie nach ihrer Reaktion auf die neuesten Meldungen. »Nicht nur in Norwegen dürfen Frauen seit diesem Sommer auf Kommunalebene wählen. Das ist immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung. Und es wird immer weitergehen, glaub mir. Auch in Deutschland.«

Hedda hatte ihm zwar erklärt, dass sie sich erst einmal nur informieren wolle. Aber Arthur fand immer wieder neue Argumente dafür, wie richtig und wichtig es war, sich mehr zu engagieren und für seine Rechte zu kämpfen.

»Du glaubst wirklich, der Kaiser würde es uns Frauen erlauben zu wählen? Dann wärst du noch naiver als ich«, sagte Hedda und lachte.

»Du wirst schon sehen. Morgen wird über den Gesetzentwurf abgestimmt, ob die Frauen demnächst politischen Vereinen beitreten dürfen. Und auch, ob sie Parteien beitreten dürfen. Was glaubst du, was die SPD dann für einen Zulauf haben wird?«

»Das glaube ich erst, wenn es so beschlossen ist. Außerdem, was habe ich von der SPD?«

»Im Königreich Sachsen fordern sie tatsächlich die Einführung eines allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts für alle Bürger ab zwanzig. Und für alle Bürger heißt: auch für die Frauen.«

»Wie gesagt: Das glaube ich alles erst, wenn es so weit ist.«

»Du bist zu schicksalsergeben!«

»Ich sehe nur den Tatsachen ins Auge.« Sie waren nun am Bahnhof angekommen. »Du siehst doch, was bei uns passiert. Nichts wird besser. Die beiden Dienstboten, die gerade verurteilt wurden, weil sie weggelaufen sind. Mit der Peitsche geschlagen. Und doch werden sie verurteilt und nicht etwa der Gutsherr und sein Sohn, die sie verprügelt haben. Eine Schande ist das!«

»Ebendeswegen müssen wir doch kämpfen. Damit genau das nicht mehr passiert.«

Hedda trug einen Packen Zettel, den sie an ihrem nächsten freien Sonntag in Neuruppin verteilen wollte. Das wäre der vierte Sonntag im Monat. Dann gab es hier sowieso keine Versammlungen. Sie sollten sich nun verabschieden, damit sie ihren Zug nicht verpasste.

»Also, dann sehen wir uns in vier Wochen, am 5. Januar wieder?«, fragte Arthur erwartungsvoll nach.

Er war ein netter Kerl, höflich, gebildet und zuvorkommend. Gut aussehend. Und anders als Wolfram Neumann wusste er sich zu benehmen. Aber dass er an ihr interessiert war, machte er schon deutlich. Wobei Hedda manchmal vermutete, dass er sie nur für die Sache gewinnen wollte.

»Ja, wenn nichts dazwischenkommt.«

»Was sollte denn dazwischenkommen?«

Herrje, im Schloss war so viel Unruhe in den letzten Monaten gewesen. Da könnte immer mal was dazwischenkommen.

»Vielleicht muss ich mit jemandem tauschen. Oder wir bekommen hohen Besuch und ich muss meinen freien Nachmittag verschieben.«

Bisher hatte sie es geschafft, die genaue Auskunft, wo sie arbeitete, zu umschiffen. Er arbeitete in Charlottenburg in einer größeren Villa mit fünf Dienstboten bei einem Unternehmer. So viel wusste sie bereits. Aber das war auch nicht wirklich viel detaillierter, als was sie gesagt hatte. Im Löwenberger Land bei einem Grafen. Das musste reichen.

»Ich muss jetzt gehen. Sonst verpasse ich noch den Zug.



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